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weiter zugespitzt, aber das wäre ohne offene Kampfhandlungen
auch kaum noch möglich gewesen. Wir saßen auf einem
Pulverfaß, das jeder kleine Funke zur Explosion bringen
konnte. Selbst Wedge hat den Ernst der Lage offenbar regist-
riert und alles vermieden, was als Provokation hätte aufgefaßt
werden können. Anscheinend sind auch ihm Zweifel gekom-
men, daß wir den Kranas im offenen Kampf gewachsen wären,
und da es stets sein Ziel war, sie sich als Sklaven zu unterwer-
fen, hätte er auch nichts davon gehabt, sie abzuschlachten.
Möglicherweise hätte die Lage sich nach einiger Zeit sogar
wieder entspannt, wenngleich die Beziehung zwischen uns und
den Kranas mit Sicherheit nie mehr so gut wie am Anfang
geworden wäre.
Verhindert wurde dies durch ein entsetzliches Ereignis.
In den alten Asterix-Comics fürchten sich die Gallier nur
davor, daß ihnen der Himmel auf den Kopf fallen könnte. In
gewisser Hinsicht ist uns genau das heute passiert. Ich schrieb
ja schon, daß Zynismus die vielleicht einzige der Situation
noch angemessene Geisteshaltung ist.
Die Apokalypse ereignete sich um die Mittagsstunde, als
ohne jede Vorwarnung Feuer vom Himmel fiel. Natürlich
handelte es sich nicht wirklich um Feuer, aber um einen
Meteoritenschauer, der auf dieses Tal und die Umgebung
niederging.
Wie Geschosse schlugen einige der durch die Reibung der
Erdatmosphäre rotglühend gewordenen kosmischen Trümmer-
stücke in direkter Nähe des Dorfes ein, einen langen Schweif
aus ionisierter Luft hinter sich herziehend.
Die meisten waren beim Aufschlag kaum noch mehr als
faustgroß, und dennoch richteten sie durch die Wucht ihres
Aufpralls verheerende Verwüstungen an. Was immer sie
trafen, wurde vernichtet.
Tiefe, gewaltige Krater entstanden, wo die Meteoriten ein-
schlugen. Die Erde bebte, und der Weltuntergang schien
unmittelbar bevorzustehen. Die Hitze der Meteoriten war so
groß, daß der Dschungel an zahlreichen Stellen in Flammen
aufging.
Meine Erinnerungen an die Katastrophe sind nur ver-70
schwommen, so groß war der Schock. Ich fühlte nichts als
nackte Panik, und selbst jetzt, Stunden später, zittern meine
Hände noch so stark, daß ich kaum schreiben kann. Von
grenzenlosem Entsetzen getrieben, rannte ich umher, umgeben
von Menschen und Kranas, die ebenso kopflos durcheinander-
liefen und Schutz vor etwas zu finden versuchten, wovor es
keinen Schutz gab.
Ein wie eine Bombe einschlagender Meteorit zerstörte gleich
mehrere Hütten auf einmal. Trümmerstücke sausten wie
Schrapnellgeschosse durch die Luft. Um mich herum sah ich
Tote und Verletzte, die meisten von ihnen Kranas, aber auch
einige Menschen.
Ein weiterer kosmischer Gesteinsbrocken schien die Erde wie
eine Eierschale aufplatzen zu lassen. Die Erschütterung bei
seinem Aufprall war so groß, daß ich von den Füßen gerissen
wurde.
Wie vielfach verästelte Blitze rissen vom Ort des Aufschlags
aus Erdspalten auf, eine davon kaum einen Meter von mir
entfernt.
Worte reichen kaum aus, um dieser höllischen Apokalypse
gerecht zu werden. Der eigentliche Meteoritenhagel dauerte
kaum eine Minute, doch mir kam die Zeit wie eine Ewigkeit
vor, und anschließend war es noch längst nicht vorbei.
Überall hatte das glühende Gestein Brände verursacht. Die
Erde bebte noch immer, und von einigen Berggipfeln stiegen
dicke Rauchwolken auf.
Bei unserer Ankunft hier hatten wir keine Hinweise auf
vulkanische Aktivitäten gefunden, aber in dieser Zeitepoche ist
die Erdkruste noch nicht annähernd so gefestigt, wie wir es in
der Gegenwart gewöhnt sind, wo Erdbeben und Vulkanausbrü-
che Ausnahmen darstellen.
Hier jedoch gehören sie fast schon zum Alltag. Die meisten
Berge hier sind instabil. Die Erdstöße haben die Magmamassen
in ihrem Inneren in Bewegung gebracht. Es reichte aus, um sie
zu vulkanischen Aktivitäten anzuregen. Außerdem haben die
Meteoriten tiefe Krater in die Berge gerissen; einige davon tief
genug, daß Rauch und Feuer aus ihnen aufstiegen. Aus dem
Gipfel eines glücklicherweise weit entfernten Berges sah ich
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sogar glutflüssige Lava quellen. Immer noch unter Schock
stehend taumelte ich blindlings umher und schrie immer wieder
Nicoles Namen, ohne Antwort zu bekommen oder sie irgend-
wo zu entdecken.
Ich habe sie seither nicht wiedergesehen, und obwohl ich
davon ausgehen muß, daß sie tot ist, ist die Ungewißheit am
schlimmsten zu ertragen.
Ich weiß nicht mehr, wie lange ich blindlings umhergeirrt bin.
Schüsse drangen an mein Ohr, ohne daß ich sie richtig wahr-
nahm. Erst als jemand mich packte und kräftig durchschüttelte
und mir schließlich, als ich immer noch nicht zur Besinnung
kam, einige Schläge ins Gesicht versetzte, erwachte ich aus
meinem tranceartigen Zustand und sah mich Kroak gegenüber,
der mir mit seinen krächzenden Lauten irgend etwas zubrüllte.
Er blutete aus zahlreichen Wunden.
Um mich herum tobte noch immer das Chaos, aber es wurde
nicht mehr nur von den außer Kontrolle geratenen Naturgewal-
ten verursacht.
Es wurde gekämpft, und immer noch fielen Schüsse. Men-
schen und Kranas griffen sich gegenseitig an und töteten sich,
doch trotz der ungleich verteilten Waffen war der Ausgang des
Kampfes abzusehen.
Jetzt, im nachhinein, glaube ich zu begreifen, was mir Kroak
mit seinen wilden Gesten mitzuteilen versuchte. Die Kranas
sehen in dem Meteoritenhagel ein Zeichen der Götter, die mit
ihnen unzufrieden sind. Sie glauben, die Götter wollten, daß
wir getötet oder vertrieben werden.
Kroak deutete auf eine Höhle, in der sich einige Pilger ver-
schanzt hatten, dann versetzte er mir einen Stoß, der mich in
diese Richtung taumeln ließ. Als ich mich nach einigen
Schritten umdrehte, sah ich gerade noch, wie Kroak von einer
Kugel getroffen zusammenbrach.
Irgendwie erreichte ich die Felswand und wurde in die Höhle
gezerrt. Es handelt sich um die, in der das abgeschöpfte
Baumharz gelagert wird. Insgesamt sieben Pilger hatten sich
hier verschanzt und nahmen die Kranas unter Beschuß, bis
diese sich schließlich zurückzogen.
Trotzdem sitzen wir in der Falle. Die Kranas brauchen nur
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zu warten, bis Hunger und Durst uns in ihre Arme treiben.
Hoffnung auf eine Verständigung besteht nicht mehr. Viel-
leicht hätte Kroak seine Stammesgenossen noch einmal
besänftigen können, aber ich glaube es nicht, und da er tot ist,
ist auch diese Chance dahin.
Wir werden sterben, aber ein Teil meines Verstandes ist
immer noch wie betäubt, so daß es mir beinahe gleichgültig ist,
und ich hoffe, daß der Tod mich schneller als die Trauer ereilen
wird.
Ich kauere direkt neben einem der mit Baumharz gefüllten
Gefäße, und ich habe eine Plastiktüte gefunden, die wohl einer
von Wedges Leuten in den letzten Wochen wie so vieles
andere hier achtlos weggeworfen hat. Ich werde dieses Tage-
buch in die Tüte hüllen und es dann in dem Harz versenken.
Auch wenn die Chance noch so minimal ist, wird es vielleicht
erhalten bleiben, und man wird es eines Tages finden, als
Zeugnis für das, was sich hier zugetragen hat, wie Machtgier
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